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Ich glaube, dass junge Menschen und vor allem Frauen selbstbewusster geworden sind. - Pia Hierzegger im Interview
Pia Hierzegger (1972 in Graz) ist eine steirische Schauspielerin. Sie studierte Germanistik und Anglistik in Graz. 1993 wurde sie Ensemblemitglied der Grazer Off-Theatergruppe am Theater im Bahnhof. Dort ist sie immer noch im Bereich Regie und Konzeptentwicklung tätig. Einem breiteren Publikum wurde sie durch ihre Rolle als Mao in Michael Glawogger’s NACKTSCHNECKEN bekannt. Seitdem ist sie aus der österreichischen Filmszene nicht mehr wegzudenken. Sie erhielt unter anderem den Österreichischen Filmpreis und den Diagonale Schauspielpreis. Eine Vielzahl der Filmografie Pia Hierzeggers könnt ihr bei uns im KINO VOD CLUB streamen.
Gratulation zu deinem Regiedebüt ALTWEIBERSOMMER, der am 29. März Premiere feiert und in die österreichischen Kinos kommt. Wie kam es zu dem Filmtitel?
Ich finde das Wort „Altweibersommer“ beschreibt mit einer gewissen Ironie sehr schön, was der Film erzählt.
ALTWEIBERSOMMER handelt von drei Freundinnen in ihren 50ern, die jedes Jahr am gleichen Ort gemeinsam Urlaub machen. Wie wichtig sind dir Frauenfreundschaften und war dir die Repräsentation dieser ein besonderes Anliegen?
Ich wollte ein Drehbuch über die Dynamik einer Freundschaft zwischen drei Frauen schreiben. Auch um verschiedene Lebenswege von Frauen um die 50 zu erzählen. Das war der Ausgangspunkt, alles andere ist dann während des Schreibens dazugekommen.
In deinem Werk, aber auch in anderen deiner Drehbücher spielt das Alter eine große Rolle. Besonders für Frauen ab 40 wird es in der Filmindustrie in Bezug auf Rollen und Darstellung zunehmend schwierig. Wie empfindest du die Situation und möchtest du diese als Regisseurin verbessern?
Ich finde gar nicht, dass das Alter so eine große Rolle spielt. Die Lebensrealität von Frauen um die 50 steht im Mittelpunkt, weil ich solche Geschichten gerade hautnah erlebe. Sonst spielen Frauen um die 50 oft die Mütter oder Lebensgefährtinnen von Hauptfiguren. In Altweibersommer sind sie selbst die Hauptfiguren.
Während Astrid (Ursula Strauss) in ihrem Grundoptimismus zu Übersprungshandlungen neigt, kämpft Elli (deine Rolle) mit Krebs und Isabella (Diana Amft) mit unbefriedigenden Beziehungsverhältnissen. Wie kam es zu dieser Besetzung und wie war der Castingprozess?
Mir war während des Schreibens gar nicht so klar, welche Rolle ich übernehmen könnte. Rita Waszilovics, die Casterin, hat diese Besetzungen vorgeschlagen. Als wir das dann ausprobiert haben, hatten wir das Gefühl, man glaubt uns, dass wir schon seit Jahren befreundet sind.
Wie schon erwähnt, spielst du die Rolle von Elli selbst. Wie war es für dich sowohl vor, als auch hinter der Kamera zu stehen? Du hast auch das Drehbuch für diesen Film geschrieben: Vielleicht kannst du uns mehr über Elli erzählen?
Elli ist Architektin, alleinstehend und Mutter einer erwachsenen Tochter. Sie ist im Moment mit ihrer Krebserkrankung beschäftigt. Sie ist nicht die treibende Kraft im Trio der Frauen, sondern reagiert und ist introvertiert. Diese Position ist mir bei meiner Doppelfunktion hinter der Kamera entgegengekommen, weil Elli nicht so energiegeladen sein muss und die Welt um sich beobachtet.
Du hattest deine erste Filmrolle in Michael Glawoggers NACKTSCHNECKEN 2004. Inwiefern hat sich die Filmszene seitdem verändert und welche Tipps gibst du jungen Schauspielerinnen?
Ich glaube, dass der Druck größer geworden ist. Alles ist teurer geworden und man hat weniger Drehtage. Andererseits glaube ich, dass junge Menschen und vor allem Frauen selbstbewusster geworden sind. Wahrscheinlich brauchen sie keine Tipps von mir, aber falls doch: Ich würde mich nicht nur auf die Schauspielerei verlassen, weil man so abhängig davon ist, gefragt zu werden.
Du kommst aus Graz. Inwiefern hat dich das Umfeld des Theater im Bahnhof rund um Ed. Hauswirth, wo du unter anderem Michael Ostrowski kennengelernt hast, geprägt? Und inwiefern schätzt du die Grazer Kunst- und Kulturlandschaft bzw. was hält dich so lange dort?
Ich arbeite immer noch im Theater im Bahnhof, weil ich es als künstlerische Heimat betrachte. Ich teile mit den dort Agierenden den Humor und den Wunsch, zeitgenössisches Volkstheater zu machen. Theater ist flexibler und kann schneller reagieren als Film. Ich will mich nicht zwischen den beiden Kunstformen entscheiden. Kunst lässt sich nicht immer in klare Formen pressen oder auseinanderdividieren, wie es die FPÖ und die ÖVP in der Steiermark gerade versuchen.
Worauf dürfen wir uns in Zukunft von dir freuen?
Ich schreibe gerade am dritten Teil eines Landkrimis, den wir im Juni am Ossiacher See drehen. Und im Herbst spiele ich in der Koproduktion „Erben“ vom Theater im Bahnhof, Planeten Party Prinzips und steirischem herbst.
Pia Hierzegger hat uns auch ihre liebsten Filme aus dem KINO VOD CLUB kuratiert und ihren Geheimtipp für Kinobesucher:innen verraten. Hier geht’s zur Kuratierung.