Florian Pochlatko

empfiehlt
Steckbrief
Geboren: 1986 in Graz
Tätig als: Autor, Regisseur und Filmeditor
Neuester Film: HOW TO BE NORMAL AND THE ODDNESS OF THE OTHER WORLD
„Ich glaube, man kann fast keine österreichische Filmkuratierung machen ohne Tizza Covi und Rainer Frimmel.“
Filme im VOD CLUB arrow-down

Wir haben die Premiere von HOW TO BE NORMAL AND THE ODDNESS OF THE OTHER WORLD zum Anlass genommen, gemeinsam mit Florian einen Blick in seine Musikvideos zu werfen und euch zwei Musikprogramme zusammenzustellen. Außerdem haben wir Florian nach seinen Empfehlungen aus dem KINO VOD CLUB befragt:

TWINNI von Ulrike Schweiger

Ein ziemlich in Vergessenheit geratener, dafür umso schönerer Teenagerfilm aus den frühen 2000ern. Ich habe den Film damals so sehr gefühlt und geliebt, dass ich ihn auf Kassette dem Mädchen schenken wollte, in das ich vier Jahre lang heimlich verliebt war, um es ihr so endlich zu sagen. Habe mich dann doch nicht getraut. Bitte diesen Film unbedingt wieder entdecken!!!  Neu besprechen, wieder hervorholen. Er war so unbeschreiblich schön. So eine Form von österreichischem Kino wäre schon fast verloren gegangen.

PS: Gabi, falls du das liest, ich war die ganze Unterstufe komplett verknallt in dich!!

NORDRAND von Barbara Albert

Es gibt so Filme, die überspringen die Grenzen von Raum und Zeit, werden für immer da sein und immer nur besser und besser. Das ist so einer. Da steckt so viel drin, so viel Herz, Seele und Haltung. Österreichische Counter-Culture-Movement-Filmgeschichte. Ein absolutes, zeitloses Meisterwerk. Peak Nouvelle Vague Viennoise.

DAS UNMÖGLICHE BILD von Sandra Wollner

Erzählt auch von den Teilen österreichischer Geschichte, die gerne in die Unsichtbarkeit verdrängt werden: Bis 1975 waren Schwangerschaftsabbrüche in Österreich verboten. Engelmacherinnen haben diese trotzdem durchgeführt, in Küchen, Stuben oder Hinterzimmern. In meinen Augen auch das einer der wichtigsten Filme eines jungen österreichischen Kinos und unfassbar poetisch umgesetzt. Unbedingt sehenswert.

SPACE DOGS von Elsa Kremser & Levin Peter

Mitte der 2010er bildet sich an der kommerziell ausgerichteten Filmakademie Ludwigsburg eine neue Klasse für Dokumentarfilm Regie. Ein ästhetisch eigenständiges gallisches Dorf. Viele der Gründer:innen und Studierenden: Österreicher:innen. Z. B: Sandra Wollner oder eben Elsa Kremser und Levin Peter. Eine Art hyperrealer, märchenhafter Doku-Realismus entsteht. Barbara Alberts Meerschweinchen-Himmel als Dokumentarfilm über Weltraum-Geister-Hunde. Ein absolutes Must See. Unbeschreiblich berührend und beeindruckend.

DIE GETRÄUMTEN von Ruth Beckermann

Über die immerwährende Liebe zweier vom Schicksal und sich selbst auseinander gerissener Poet:innen. So viel Sehnsucht, so viel Melancholie, dass man es fast nicht aushält. So viel formale Experimentierfreudigkeit, dass man nach dem Sichten das Gefühl hat: Wenn man so denken kann, dann ist filmisch plötzlich alles möglich. Danke an Ruth Beckermann, die T. Spira des österreichischen Arthouse.

AUFZEICHNUNGEN AUS DER UNTERWELT von Tizza Covi & Rainer Frimmel

Ich glaube, man kann fast keine österreichische Filmkuratierung machen ohne Tizza Covi und Rainer Frimmel. Hier mit einem Film, den ich selbst noch nicht kenne, aber gleich heute anschauen werde. Über eine Zeit, zu der es eigentlich auch schon längst ein groß angelegtes Ösicore-Period-Piece geben sollte (außer Der dritte Mann halt): Die Wiener Nachkriegs- und Strizzi-Zeit.

DIE AMEISENSTRASSE von Michael Glawogger

Michael Glawoggers wenig gezeigtes, aber dennoch wirklich großartiges, formalistisch-verspieltes Spielfilmdebüt zeigt: Es ist okay, bis Mitte 30 noch keinen Langspielfilm gemacht zu haben. Man hat Zeit, nur nicht bitter werden. Michael, you will forever be missed. Was für ein wilder, wilder, toller Kerl. Was für ein tragischer Tod. Jede:r weiß, wo sie:er war, als 9/11 passierte. Ich weiß genau, wo ich war, als ich von seinem Tod erfahren hab, obwohl ich ihn persönlich nur ein oder zwei mal getroffen habe.

DIE UND DER VON DA UND DORT von Lisa Weber

Als ich von Lisa gehört habe, dass sie ihr Spielfilm-Langdebüt gerade zu drehen beginnt, hab ich mich so, so sehr gefreut… Genau die Art von Film, die es am schwersten hat, durch den Förderdschungel zu finden. Orientiert nach einer emotionalen Haltung und vielleicht weniger einer rationalen. Wir waren eine Zeit lang enge Freunde auf der Uni. Ihre Bewerbung und Kurzfilme sind legendär. Man denke an das Duttl-Wasser oder die Tanzszene aus Ausgesetzt in den Bergen des Herzens. Wir freuen uns schon sooooo auf deinen Langfilm.

KURZFILME von Kurdwin Ayub

Auch immer mit am Start gewesen in dieser Zeit: Kurti. Hier mit ihren frühen Performance-orientierten Arbeiten. Der intelligenteste Satz, den ich je über das Thema Identität gehört habe: „Bevor man überhaupt weiß, wer man ist, kommen andere Leute und erklären einem, was man ist.“ I felt that deeply. Ich habe dem Tag entgegengefiebert, an dem Kurdwin auch wieder eine performative Arbeit macht… Endlich! Ihr Volksbühne-Stück ist beyond everything. Wie, wie, wie megatoll und wild war / ist das bitte ?!?! Jeder sollte das sehen.

Credits: Apollonia T. Bitzan